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Lesezeichen [ Info senden # QR-Code ] Fr 19 April 2024 12:05:23


 Pressespiegel
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Pädagoge Andreas Winter

Belohnungsessen macht dick

Im Interview erklärt Andreas Winter, warum abnehmen leichter als zunehmen ist und wie sich im Alltag Nahrung und Emotionen trennen lassen.

Herr Winter, Sie behaupten in Ihrem Buch, abnehmen sei leichter als zunehmen. Wie kommen Sie auf diese abwegige Idee?

Es ist immer leichter, etwas kaputt zu machen, als etwas aufzubauen. Zum Abnehmen braucht man erst einmal nichts, zum Zunehmen braucht man Angst vor Mangel. Etwa einen Mangel an Lob, Aufmerksamkeit und Ruhe. Und diesen Mangel versuchen viele über das Essen auszugleichen.

Warum das?

Das ist eine Konditionierung, die nicht rational, sondern unbewusst abläuft. Wer ganz ehrlich zu sich selbst ist, erkennt: Ich wollte gerade eigentlich gar nicht essen. Ich wollte mich an das Gefühl, geliebt zu werden oder in Ruhe sein zu dürfen, erinnern. Das Dilemma: Solange ich das Essen für einen emotionalen Ausgleich benutze, nehme ich zu oder bleibe dick.

Was kann man dagegen tun?

Erst wenn Lebensmittel keine emotionale Rettung mehr für uns bedeuten, nehmen wir ab. Rational würde der Rat also heißen: Iss Dinge, die du nicht magst, zu Zeiten, die dir nicht passen. Oder vermeide jeglichen Stress.

Was hat Stress denn mit dem Abnehmerfolg zu tun?

Je mehr Stress wir haben, desto mehr Neurotransmitter werden frei, die für den Fettaufbau im Körper zuständig sind. Stress ist für uns psychisch aber nur dann schlimm, wenn wir durch ihn Machtlosigkeit und Unfreiwilligkeit empfinden. Schmerzen erzeugen zum Beispiel nur Stress, wenn sie unfreiwillig sind, wenn sie mich in meiner Freiheit einschränken. Wer sich Ohrlöcher stechen lässt, erlebt auch Schmerzen, empfindet aber keinen Stress. Ein Stressfaktor schadet mir nur dann, wenn ich ihn auf eine negative Weise interpretiere.

Was raten Sie also Leuten, die abnehmen wollen?

Iss niemals, um Stress loszuwerden oder um dich wohlzufühlen, sondern iss erst, wenn es dir wieder gut geht. Wer sein Essen entmachtet, nimmt ab.

Warum verknüpfen wir Essen eigentlich mit Emotionen?

Weil wir das von Kind auf so lernen. Wenn wir weinen, bekommen wir als Baby die Brust. So werden schon im Säuglingsalter Nähe und Nahrung verknüpft. Und je älter wir werden, desto häufiger spüren wir, dass wir keine Nähe bekommen in Situationen, in denen wir sie eigentlich bräuchten. Als Ersatz bekommen wir oft Nahrung oder den Schnuller, der als Symbol für die Brust fungiert. So werden an Speisen unbewusste Botschaften geknüpft, und so entsteht die gedankliche Konditionierung: „Wenn es mir schlecht geht, muss ich essen.“

Trotzdem hilft es, wie ein Kind zu essen, schreiben Sie. Warum?

Ein Kind - unbeeinflusst von Eltern und Erziehung - isst nur dann, wenn es einen körperlichen Impuls spürt, wenn es wirklich Hunger hat, und genau das ist optimal. Jedes Kind hat zuverlässige Mechanismen über den eigenen Hunger an Bord, aber die Erziehung bügelt das alles platt. Regeln wie „Iss den Teller leer“ sind falsch, denn ein Kind würde von selbst nie etwas essen, auf das es keine Lust hat. Und das ist auch absolut richtig.

Wie bekommt man Zuneigung, Trost und Liebe - ohne Süßigkeiten?

Nicht Süßigkeiten spenden automatisch Trost und Liebe, sondern nur das Gefühl, das wir damit verknüpft haben. Ein extremes Beispiel: Wenn uns jemand eine Waffe an die Stirn hält, kann uns auch der leckerste Schokoriegel weder trösten noch entspannen. Fragen Sie sich selbst und antworten Sie ehrlich: Welches Gefühl will ich durch genau dieses Essen jetzt bekommen? Warum ist das in diesem Augenblick für mich so wichtig?

Was bringt das?

So kann ich lernen, mir selbst zu beschaffen, was ich will und brauche - ob Liebe, Aufmerksamkeit oder Zuneigung. Dadurch wird man auf Dauer unabhängig, und der Körper braucht nichts mehr festzuhalten.

Sie raten, nicht in erster Linie am Gewicht, sondern an den Baustellen des eigenen Lebens zu arbeiten. Nimmt man so dann automatisch ab?

Um abzunehmen, muss ich mir meine ursprünglichen Stressauslöser bewusst machen. Entscheidend ist die Frage: Warum esse ich in bestimmten Situationen so viel? In meinen Seminaren gelingt das unter anderem durch NLP, neurolinguistisches Programmieren. Stressoren erhalten eine neue, positive emotionale Bewertung und erzeugen so im Alltag neue Reaktionen. Ziel ist, dass die Dinge, die einen früher gestresst haben, irgendwann nicht mehr stören. Reframing nennt sich das. Alles andere ist nur Symptomkosmetik.

Und dann steht dem Glück nichts mehr im Wege?

Nur das Abnehmen allein macht nicht glücklich. Sonst müssten ja alle Schlanken glückliche Menschen sein, doch das sind sie nicht. Glücklich sein macht glücklich.

Wie halten Sie es selbst mit dem Essen?

Ich esse Pizza und Süßigkeiten und trinke Kaffee und Alkohol. Aber nicht, um Stress zu mildern, und nie nur aus dem Grund, weil es mir schmeckt. Sondern weil ich meinen Körper ernähren möchte. Ich habe kein schlechtes Gewissen beim Essen. Der Körper wird schon wissen, was er damit macht. Nahrung muss wieder Nahrung werden und kein Symbol für Geselligkeit und Liebe

Das Interview führte Christina Horn.


Quelle: Frankfurter Rundschau vom 22. September 2011


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Der Inhalt dieser Seite wurde am 10.03.2021 um 12.44 Uhr aktualisiert.
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